Der Kreis schließt sich

 

Im September freue ich mich schon darauf, dass ich den Garten bald wieder für mich haben werde. Gärtner, Bäckerin und Garten sind nach dem intensiven und besuchsreichen Sommer müde, die Luft ist jetzt raus.

So schön es war, mit Besuchern durch den Garten zu gehen, meine Begeisterung mit ihnen zu teilen und im Gartencafé die wunderbaren Torten zu genießen, so sehr kann ich es jetzt  kaum erwarten, die Arbeit in den Beeten wieder aufzunehmen. Im Verlauf der Gartenführungen und -gespräche waren mir (wieder einmal) Schwachpunkte aufgefallen, die ich angehen wollte. Im Sommer hatte ich bereits angefangen, mir Notizen zu machen: Johanniskräuter herausnehmen und an einer Stelle sammeln. Binsen herausnehmen und versuchen, sie als Einfassung zu verwenden. Die gelbe, frühblühende Hemerocallis aus dem pastellfarbenen Beet entfernen.

Am schönsten ist es jedoch, ganze Beetflächen komplett neu zu gestalten, nachdem sich dort, wie es immer wieder vorkommt, Bodendecker ausgebreitet haben oder eine hohe Dolden-Glockenblume ihrem Ende entgegengedämmert, wo sie doch in ihrem Beet als Diva die Atmosphäre bestimmt hatte. Oftmals nehme ich es als undeutliches Hintergrundrauschen wahr, dass Beete abtauchen, bis sie fast unsichtbar sind, weil sie nichts mehr zu bieten haben, was die Aufmerksamkeit auf sie zieht. Bis sich dieses Hintergrundrauschen irgendwann zu einer Aufforderung verdichtet und in einen Appell mündet, der lautet: Schau dir genau an, was dort stehen bleiben kann, und nimm alles andere raus. Teile die Sommermargeriten und verpflanze mehr als die Hälfte davon, grabe die wuchernde Iris aus, entferne die verfaulten Reste der Glockenblume, die viele Jahre an diesem Platz gestanden hat. Nimm die moosüberzogenen Steine raus, die vor Jahren an dieser Stelle einen Sinn gehabt haben, jetzt aber nur noch Beetfläche blockieren. Lockere den Boden auf, harke einmal durch und jetzt hast du Platz für die Gallicarose Baccante, die es kaum erwarten kann, zwischen den beiden Gefährten Baronne Prévost und Hypathia einzuziehen.

Im Herbst bin ich im Planen längst im nächsten Frühjahr. Bei vielem, was ich jetzt in Angriff nehme, habe ich das kommende Jahr im Blick. Ich genieße jetzt die kreative Arbeit und freue mich darauf, im nächsten Sommer zu überprüfen, ob meine Fantasie der Realität standhalten wird.

Das Halbmondbeet habe ich geschlossen, es ist jetzt halbwegs quadratisch mit abgerundeten Ecken und ich stelle mir vor, dass es als reines Staudenbeet Platz für Trockenheit und Sonne liebende Stauden bieten wird, zusammen mit Gräsern und Steppenkerzen (Eremurus). Ob sich dort Dill ausgesät hat und wenn ja, kann er bleiben? Werden die neuen Phloxe von Sarastro diesen Standort tolerieren? Was wird mit den Bergenien, wenn das nächste Jahr so heiß wird wie das Jahr zuvor?

Fragen für das Notizbuch, ich werde sehen.

Im Herbst beginne ich mich auf die kalten Wintertage mit Frost und Schnee, Feuer im Kamin und die langen Spaziergänge an der Elbe zu freuen. Falls diese Wintertage dann auch kommen, was immer seltener sicher ist.

Im Winter kann es hier auf dem Land richtig still und sehr dunkel werden. Ich sehe aus dem Fenster abends um sechs und da ist nichts, nur pechschwarze Dunkelheit. Um die Stille wahrzunehmen, habe ich die Unterhaltungselektronik abgeschaltet. Balken knacken, vielleicht poltert der Marder auf dem Dachboden oder eine Glühbirne summt, sonst nichts. Hin und wieder in diese Stille einzutauchen wie in ein dunkles Bad scheint meine Wahrnehmung zu reinigen.

Das ist anscheinend nichts für schwache Nerven. Eine gute Freundin aus Berlin, die vor Jahren während unseres Urlaubs das Haus hüten sollte, reiste damals regelrecht verängstigt und verstört, geradezu fluchtartig ab. Sie hatte die Stille im Haus und die Nachtgeräusche des atmenden Holzes nicht ertragen. Umgekehrt erinnere ich mich gut an den ständigen Geräuschpegel in der Großstadt, der irgendwann zur Gewohnheit wird und der, wenn er einmal fehlt, Angst macht.

Ich glaube, dass Stille und Dunkelheit im Winter den Rausch und den Überfluss an Farben, Tönen und Licht der übrigen Jahreszeiten ausbalancieren. Meine Lebensenergien sehnen sich im Winter nach Ruhe, nichts wächst, nichts treibt, nichts trägt Früchte. Schnee fällt und dämpft die Geräusche, deckt zu und hüllt ein.

In der Realität der vergangenen milden Winter sind genau besehen einzig die Dunkelheit und auch die Stille geblieben. Im Dezember blühten letzte Ringelblumen und niedrigen Glockenblumen, Fröste waren bis auf wenige Ausnahmen ausgeblieben und Schnee war nicht gefallen. Ich kam nicht zur Ruhe, weil es ja immer noch etwas zu tun gab, Pflanzen und Tiere schienen erstaunt zu sein und verhielten sich den Temperaturen entsprechend munter. Was mir jedoch fehlte, war, dass ich mich in die ersehnte Winterruhe fallen lassen konnte, dass ich abschalten und loslassen konnte.

 

Morgen ist der erste März und die letzten Tage Februar fühlten sich an wie Mitte April mit Temperaturen knapp unter 20 °C. Ich bin schon wieder viel mehr in Schwung und in der Arbeit, als mir lieb ist, und ich denke, warte nur, da kommt noch was, das kannʼs noch nicht gewesen sein mit dem Winter, der März hatte zuletzt immer Schnee und Frost in der Hinterhand.

Aber die bestellten Rosen wässern schon im Wintergarten und sind pflanzbereit. Kleine Tontöpfe mit den im Sommer geernteten Päoniensamen stehen beschriftet auf der Fensterbank, den Kompost habe ich umgesetzt und die Totholzhecke mit Baum- und Strauchschnitt erweitert.

Weidenäste lehnen am Apfelbaum, sie werden als Beet Einfassungen gebraucht

Gruppen haben sich angemeldet, Termine sind vereinbart und Reisen geplant. Überraschend früh hat das neue Gartenjahr begonnen, Krokusse und Schneeglöckchen blühen, morgens und in der Abenddämmerung sind die Amselgesänge zu hören und der Neuaustrieb der Rosen ist schon viel zu weit, für mein Gefühl.

 

 

HP Dez.Zwischen den Jahren 500

Nicht weit vom Leuchtturm mit Blick Richtung Pagensand

HP Winterhafen

Am Hafen bei Eisgang mit Blick Richtung Bielenberg

HP Dez 500 Birken

Kollmar Kehrweg

HP Eis an der Elbe Dezeber 500

Viel Eis und Winterlicht an der Elbe

HP DEZ.Zwischen den Jahren500

Kollmar Deichreihe Richtung Steindeich

Kleine Kirchreihe mit Blick Richtung Elbe

Garten im Februar

Kurz vor Weihnachten