Im Juni – blühende Kulturdenkmäler

Mme Alfred Carriere an der Nordwestwand

 

HP Belle Isis+ Pink Leda 500

Belle Isis+ Pink Leda

HP Felicite Parmentier +Mme Auguste Charles 500

Felicite Parmentier+ Souvenir de Mme Auguste Charles

HP Cottage+Ombree

Austin’s Cottage Rose + Ombree Parfait

HP Blue Lady Panorama

Der Hauptweg in den hinteren Gartenteil

HP Hofplatz

Unser Hofplatz, hier beginnt der Weg in den Garten

HP Guirlande d Amour 500 2

Guirlande d’amour

Hamilton Buddleja Davoust 550

Blick auf Laure Davoust

 

Im Juni ist Alles ist angerichtet. Die im zeitigen Frühjahr noch unbelaubten Rosenbüsche stehen jetzt in vollem Ornat und die ersten farbigen Streifen schimmern an den üppigen Knospen.

Auftritt: Fraßinsekten – Bohrer, Stecher und Sauger haben ihre Folterinstrumente ausgepackt und zeigen eine Vorliebe für die prächtigsten Blüten, die am Ansatz abknicken und verwelken. Dann dreht der stürmische Wind auf West und überfällt den Garten mit sintflutartigem Regen. Leander, eine wunderbar gesunde breitstrauchige Rose von 2m Höhe, die noch nie eine Stütze brauchte, kippt durchweicht und mit zerfetztem Laub in Richtung Nordost. Als der Regen nachläßt hängt sie im 45 Gradwinkel über den durchweichten Iris sibirica und mir bleibt nichts anderes übrig als einen dicken Pflock in den Boden zu rammen, sie mit einem Seil einzufangen und in die Senkrechte zu hieven, das Seil am Pflock zu vertäuen und sie festzuzurren. An der Gegenseite abgestüzt mit gegabelten Stangen, denn der nächste Sturm kommt bestimmt. Dieser Sturm kippte dann Mme Alfred vom Dach, über das zu wachsen sie gerade begonnen hatte. Da lag sie nun auf dem Kopfsteinplaster und nichts außer einem nicht vorhandenen Flaschenzug wäre in der Lage gewesen ihre beeindruckende Masse wieder aufzurichten und festzubinden.

Heute nach 6 monaten hat sie die im Sommer unvermeidbare Amputation der Hälfte ihrer Langtriebe  weggesteckt und sieht besser aus als zuvor.Sie ist eine wunderbare, cremeweiss blühende Rose mit einem sanften rosa Schimmer, ihre letzten Blüten leuchten noch im November durch das gesunde, grüne Laub. Eine winterharte Noisetterose, die nach einem verhaltenen Start der halbschattigen Norwestseite souverän ihren Stempel aufdrückt.

Historische Rosen –  die blühenden Kulturgüter               

Seit langer Zeit verbindet meine Frau Susanne und mich die Begeisterung für historische Bauwerke, klassische Musik, Parks und Gärten. Wie schön, dass wir dieser Liebe mit unserem Haus und dem Garten Ausdruck verleihen können. Wir sind der Meinung, dass gerade auch historische Rosen Kulturgüter sind, die unseren Alltag bereichern sollten. Und wir werben dafür, sie aus den botanischen Museen zu holen und wieder mit ihnen zu leben.

Jedes Kulturgut ist ein Zeugnis aus der Zeit seiner Entstehung, und im besten Fall geht die geschichtliche Prägung mit der Kunst, Geschicklichkeit und Vision des individuellen Schöpfers eine harmonische Verbindung ein. Kulturgüter kommen aus der Vergangenheit auf uns, wir können sie ignorieren oder annehmen, doch wenn wir Letzteres tun, ist es mit der Verpflichtung verbunden, sie zu pflegen und zu bewahren. Bewahren in einem aufgeklärten und die Sinne öffnenden Prozess, da Kunst und Kultur in ihren gelungensten Formen immer diesen visionären, grenzüberschreitenden Kern haben, der uns inspiriert und motiviert, bestenfalls sogar glücklich macht.

Rosen sind seit Langem in vielen Kulturen gegenwärtig. Seit Jahrtausenden in China, im antiken Persien, in mittelalterlichen Klostergärten, am Hof von Königinnen und Königen, in bürgerlichen Hausgärten, den  Biedermeiergärten, schließlich in den zahllosen Privat- und Kleingärten, die sich Menschen seit dem Beginn des Industriezeitalters als Gegengewichte schufen, bis hin zu den Gartenwelten unserer Gegenwart.

Frühe Züchter vermehrten über Samen, ihre Nachfolger kreuzten gezielt, um Sorten zu erhalten, die ihren persönlichen Visionen entsprachen, sich aber auch verkaufen ließen. Diese Rosen wurden ihrer botanischen Herkunft entsprechend zu Klassen zusammengefasst, die in ihren Hochzeiten, wie im Fall der Gallicarosen, mehrere Tausend Sorten aufweisen konnten.

Die meisten dieser Sorten von Gallicarosen, Alba- und Damaszenerrosen, Zentifolien, Portlandrosen, Bourbon- und Remontantrosen sind verloren gegangen oder finden sich nur noch in großen, öffentlich zugänglichen Sammlungen wie im Rosarium Sangerhausen, in L’Hay-les-Roses in der Nähe von Paris oder Mottisfont in Hampshire, England. Manche haben in Privatsammlungen überlebt, zu denen der Zugang jedoch nur eingeschränkt oder gar nicht möglich ist.

In den letzten Jahren entdeckten interessierte und engagierte Liebhaber vermehrt die historischen Rosen wieder und begannen in Zusammenarbeit mit den Rosarien diese vergessenen Sorten zu sichten und ihre Abstammung neu zu bestimmen. Vermehrbetriebe öffneten sich dieser Strömung und erweiterten ihre Sortimente, Züchter fingen verstärkt an, wieder mit den alten Sorten zu arbeiten und sie in den Handel zu bringen.

Heute sind wir in der glücklichen Lage, Zugriff auf Rosen zu haben, die lange Zeit aus der Öffentlichkeit verschwunden waren und deren Schönheit, Robustheit und Poesie im Begriff standen, gänzlich verloren zu gehen.

Tour de Malakoff

Oftmals tragen sie Namen, die Ehefrauen, Geliebten oder Freunden gewidmet sind oder auf geschichtliche Personen oder  für den Züchter  bedeutsame Orte hinweisen. Diese Namen regen unsere Fantasie an und haben sich untrennbar mit dem Wesen der jeweiligen Rose verwoben: Gruß an Teplitz, Erinnerung an Brod, Duchesse de Montebello, Général Kléber, Ispahan, Tour de Malakoff oder Mme Hardy sind Beispiele für Namen, die etwas Vergangenes oder weit Zurückliegendes in uns zum Klingen bringen können – wenn wir richtig hinhören.

Rosen standen immer in einem Bezug zu ihrer gebauten Umgebung, sie prägten Gärten und Häuser, wuchsen an Kirchen- und Abteimauern, in Schlossgärten, vor Museen und auf öffentlichen Plätzen.

Ispahan

Duchesse de Montebello

Wir haben es dabei mit Kulturgütern zu tun, die sich in Form und Textur ergänzen und deren Habitus sich oftmals ähnelt. Historische Rosen haben ihren eigenen Charakter, es sind Persönlichkeiten mit ausgeprägten Eigenschaften und Eigenarten, die sie in die Lage versetzen, ausdrucksstarken Gebäuden selbstbewusst zu begegnen. Gleichzeitig bringen sie über Blütenfarbe, Blattstruktur und Wuchsform eine organische Dimension mit ein, wodurch sie im Kontakt mit ihrer Umgebung deren Stein- und Holzstrukturen verändern und dadurch ganze Ensembles bereichern und beleben können. Charles de Mills oder Impératrice Josephine, die beiden Gallicarosen, könnten, um nur ein Beispiel zu geben, den Stil und Charme ihrer Zeit auf unvergleichliche Weise transportieren und in jedem Frühsommer zu einer neuen Blüte bringen, ob an der Glückstädter Stadtkirche, am Kloster in Uetersen oder auf der Barmstedter Schlossinsel mit ihren stimmungsvollen historischen Gebäuden.